Malte erklärt er uns, inwiefern er nicht nur Verbraucher sondern als bauern_bengel auch die Politik und Kritiker der Landwirtschaft erreichen und aufklären will.
Möchtest Du Dich einmal kurz vorstellen Malte?
Klar. Ich bin Malte Messerschmidt und ich bin 22 Jahre alt. Ich habe die Ausbildung zum Landwirt abgeschlossen und studiere derzeit noch Agrarwissenschaften an der Universität in Göttingen, um künftig in der Landwirtschaft mehr Möglichkeiten wahrnehmen zu können. Ich komme aus Eimen – das liegt im Landkreis Holzminden – und betreibe in fünfter Generation zusammen mit meinem Vater einen Ackerbaubetrieb. Dabei bin ich für die Planung und Durchführung zuständig und mein Vater für die Buchhaltung. Deswegen hab ich das große Glück, dass er mich hier auch viel ausprobieren lässt.
Zum Beispiel?
Ich habe auf jeden Fall mit dem Lupinenanbau angefangen. Die gehören zur Familie der Hülsenfrüchte sowie sind Leguminosen und haben einen sehr hohen Proteingehalt, der Fleisch sehr nahe kommt. Dadurch sind sie für eine fleischlose Ernährung gut geeignet. Wir probieren derzeit aus, ob sie vielleicht als Betriebsausrichtung in Frage kommen, da ich derzeit noch auf der Suche nach einer Spezialisierung bin. Klasse statt Masse.
Wann stand für Dich fest, dass Du Landwirt werden möchtest?
Es war schon seit meiner Kindheit mein Traum, den Betrieb irgendwann mal weiter zu führen. An meinem ersten Schultag wollte ich zum Direktor gehen und mich von der Schule abmelden, weil ich doch zuhause Bauer werde (lacht). Doch auch später wurde mir klar, dass, selbst wenn man als Landwirt wenig Urlaub macht und viel arbeitet, eine Festanstellung einfach nichts für mich ist. Und weil ich hier auf dem Hof groß geworden bin, konnte ich schon früh Verantwortung übernehmen und dadurch auch Erfahrungen sammeln. Was mich auch an dem Beruf reizt, ist, dass es nicht nur den einen Weg zum Ziel gibt sondern unzählig viele. Als Landwirt kann man auf der Welt etwas bewegen und man produziert eben etwas, was den Menschen ernährt. Und leisten so einen großen Beitrag zu unser aller Ernährung.
Wie bist Du darauf gekommen, Menschen über Instagram über die Landwirtschaft aufzuklären?
Ich habe mich immer geärgert, dass in den Medien die Landwirtschaft, wie wir sie betreiben, völlig falsch dargestellt wurde. Und generell hatte die Landwirtschaft ja ein eher schlechtes Image. Doch auch das Unwissen des Verbrauchers über seine Lebensmittel und die Tatsache, dass man oft angefeindet wird – teilweise auch mit Dingen, die nicht mal stimmen – haben mich sehr gestört. Kritische Sichtweisen und Misstrauen konnte man nach aufklärenden Gesprächen oft relativieren. So bin ich dann zu Instagram als bauern_bengel gekommen. Damals war ich noch einer der wenigen, mittlerweile geben glücklicherweise immer mehr Betriebe der Öffentlichkeit einen Einblick in ihre Arbeitswelt.
Was möchtest Du erreichen?
Es geht mir vor allem darum, die Verbraucher über Themen wie Ackerbau, Pflanzenschutz, Düngung oder Bestandskontrolle sowie den Schutz vor Krankheiten aufzuklären. Deswegen erkläre ich auch immer alles in kleinen Schritten, sodass das wirklich jeder verstehen kann. Ich möchte einfach zeigen, was wir Landwirte machen und dass das für uns eine Leidenschaft ist. Der Bauer fährt zum Beispiel nicht nachts mit der Spritze aufs Feld, weil er etwas zu verbergen hat, sondern weil dann die Mittel einfach besser wirken und wir so den Einsatz der Mittel reduzieren können. Außerdem fliegen nachts keine Bienen und Insekten in den Feldern, die so keinen Schaden nehmen. Natürlich spreche ich dann auch mal Themen an, die kritisch von der Gesellschaft aufgenommen werden. Aber das gehört dazu. Ich hab aber noch nie einen Shitstorm oder ähnliches bekommen, eben weil ich ganz genau erkläre, was ich tue und auch jedem antworte, der mir Fragen stellt. Ich weiß aber auch, dass ich damit andere Berufskollegen und auch die Politik erreiche.
Möchtest Du damit dann auch Kritiker der Landwirtschaft erreichen?
Ja durchaus. Ich setzte beispielsweise Branchen unspezifische Hashtags auf, weil ich eben erreichen möchte, dass die Inhalte auch Menschen erreichen, die nicht in dieser „landwirtschaftlichen Blase“ drin stecken. So hab ich mal ein Bild von einer Spritze mit dem Hashtag #veggie versehen und mache das in der Art bei all meinen Beiträgen. Aber das macht die Leute letztendlich auch neugierig.
Denkst Du, dass die sozialen Medien in der Landwirtschaft immer mehr an Bedeutung gewinnen?
Auf jeden Fall. Natürlich ist immer alles im Wandel und wer weiß, wie es in fünf Jahren aussehen wird. Aber das Schöne an sozialen Medien ist ja, dass die Informationen vom Land auf die Hand kommen. Egal wo sich der Verbraucher aufhält, direkt dort kann ich als bauern_bengel ihm die Landwirtschaft zeigen. Instagram nimmt da einfach die Distanz raus und die Menschen sind live mit dabei und werden eingebunden. Diese Einfachheit ist enorm wichtig.
Wie wird die Landwirtschaft in den sozialen Medien Deiner Meinung nach dargestellt?
Gut und schlecht. Es gibt natürlich Seiten von Landwirtschaftskritischen Bewegungen, die mit Schockbildern und Schlagzeilen der Landwirtschaft ein negatives Gesicht geben wollen und sie so an den Pranger stellen. Da ist es besonders wichtig, dass wir zeigen, dass es eben nicht so ist. Und dafür öffnen wir auch gerne mal unsere Stalltüren für die Öffentlichkeit und suchen den Dialog mit den Verbrauchern.
Doch was verbessert sich in der Landwirtschaft?
Durch Corona verbessert sich vor allem die Regionalität und dadurch die Direktvermarktung unserer Produkte. Das nachhaltige Umdenken vieler Verbraucher spiegelt sich im Einkaufsverhalten wider. Durch die Digitalsierung werden die Tierhaltung und auch der Ackerbau immer effizienter. Aber auch wir Landwirte werden immer besser in dem, was wir tun. Ich persönlich arbeite zum Beispiel daran, den Pflanzenschutzeinsatz immer mehr zu reduzieren. Man kann die Pflanze ja auch durch Nährstoffe und eine angepasste Fruchtfolge gezielt fördern. So kann ich sie viel besser stärken und schützen. Dabei müssen wir aber auch auf die Natur hören.
Warum „bauern_bengel“?
Ich hab einfach nach einem Namen gesucht, der zu mir passt, aber gleichzeitig auch bei den Menschen hängen bleibt. „Bauern Engel“ wäre zum Beispiel einfach nicht Ich (lacht). bauern_bengel Text/Foto: jb/privat