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Lili Anspach – Die Junglandwirtin im Interview

Lili Anspach aus Hannover, 23 Jahre alt, duales Studium im Bereich Ökologische Agrarwissenschaften, 3. Semester, grad Ausbildung abgeschlossen auf dem Voglerhof in Kirchbrak

Lili, wie kommt man als Stadtkind darauf, Landwirtschaft im Weserbergland zu lernen und zu studieren?
Ich habe den Bundesfreiwilligendienst auf einem Schulbauernhof in Ostfriesland gemacht und schon nach einem halben Jahr war mir absolut klar, dass ich auch beruflich in Richtung Landwirtschaft gehen möchte. Am meisten hat mir gefallen, dass die Arbeit mit den Maschinen und Tieren so abwechslungsreich ist und vor allem draußen und in der Natur.

Lili Anspach

Was ist dein Plan für nach dem Studium?
Mein größtes Ziel ist es, gemeinsam mit einer befreundeten Psychologie-Studentin einen Therapie-Hof mit landwirtschaftlichen Nutztieren aufzumachen. Gerade Nutztiere reagieren sehr sensibel auf uns Menschen, sie hören zu. Es gibt schon viele Therapien mit Delfinen, Pferden oder Hunden aber mit Nutztieren ist es in Deutschland noch sehr unpopulär.

Das ist ja doch eine ganz andere Geschichte, als die klassische Junglandwirtin!
Ja, das wurde mir auch schon häufig gesagt. Das Ganze hat sich wirklich während der Zeit auf dem Schulbauernhof entwickelt. Umso mehr ich jetzt praktisch und theoretisch dazu lerne, umso konkreter wird dieser Plan natürlich auch.

Was denkst du, wo die Landwirtschaft zum jetzigen Zeitpunkt steht?
Ich denke, die Landwirtschaft befindet sich gerade in einem strukturellen aber auch politischen Umbruch. Momentan gibt es viele Anfeindungen gegen Landwirtschaft. Durch mehr Aufklärung in Schule, Alltag und Ernährungswesen müssen wir der Gesellschaft wieder zeigen, was die Landwirtschaft jeden Tag leistet. Da ist es ja auch irrelevant, ob konventioneller oder Bio-Betrieb, denn am Ende wollen beide das gleiche.

Und wie wird die Zukunft der Landwirtschaft aussehen?
Ich glaube, dass solche Konzepte wie der Lernort Bauernhof auf jeden Fall populärer werden, damit auch der Konsument den Produktionsort der Lebensmittel kennenlernt. Es ist wichtig, dass Verbraucher wissen, welche Lebensmittel regional und saisonal sind. Natürlich kann man sich jederzeit die Höfe anschauen, doch wir müssen dort auch aktive Aufklärungsarbeit betrieben.
Häufig wird der Ökolandbau als Lösungsvorschlag für momentan negative Entwicklungen wie Klimawandel, Überdüngung und hohem Pflanzenschutzmittelverbrauch genannt. Im Gegensatz zur konventionellen Landwirtschaft verbraucht der Ökolandbau allerdings deutlich mehr Ackerfläche für geringere Erträge. Die ökologische Landwirtschaft käme also nicht infrage, um den gesamten Lebensmittelbedarf in Deutschland sicherzustellen. Klar zu erkennen ist aber: Der Trend geht ganz klar bei beiden Bewirtschaftungsformen zu mehr Tierwohl und mehr Nachhaltigkeit.

Wie steht Lili Anspach denn zu dem Thema Frauen in der Landwirtschaft?
Es ist wirklich sehr unterschiedlich, wie man als Frau wahrgenommen wird. Vor allem in der Zeit, in der ich einen Ausbildungsbetrieb gesucht habe, habe ich schon öfter mal gehört: „Tut uns leid, aber unsere Arbeit ist körperlich sehr anstrengend, wir können keine Frauen gebrauchen.“ Aber tatsächlich ist es doch viel wichtiger, dass man ein Gefühl für den Umgang mit Tieren hat, mit den riesigen Maschinen sicher arbeiten kann und sich für die landwirtschaftlichen Themen begeistern kann. Wenn wirklich mal etwas zu schwer ist, dann habe ich auch immer noch einen starken Mann gefunden, der mir eben helfen kann. Insgesamt sieht man noch nicht so viele Frauen in der landwirtschaftlichen Ausbildung. In meiner Berufsschulklasse war ich die einzige. Es ist schon noch sehr ungewöhnlich, dass sich Frauen ohne landwirtschaftlichen Hintergrund entscheiden, einen landwirtschaftlichen Beruf zu erlernen.

Denkst du, die Landwirtschaft könnte in Zukunft weiblicher werden?
Auf jeden Fall sieht man in den Sozialen Medien schon häufiger Frauen in der Landwirtschaft. Ob wirklich mehr Frauen in Zukunft auch landwirtschaftliche Betriebe leiten, ist schwer zu sagen. Ich denke, Frauen gehen schon noch eher in andere landwirtschaftliche Berufe wie die Agrarberatung. Die Branche wird sicherlich auch noch weiblicher, aber die Männer werden wohl doch in der Überzahl bleiben.

Danke für das Interview Lili Anspach

Das Interview führte Marie Brinkmann.