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Existenzängste durch die Politik?

„Durch Corona ist der wirtschaftliche Druck auf die landwirtschaftlichen Betriebe enorm geworden“, sagt Hinrich Strüve. Er betreibt einen solchen Betrieb mit etwa 100 Milchkühen mit weiblicher Nachzucht, Ackerbau und einer Biogasanlage im Industriegebiet von Rinteln.


Der Landwirt erklärt, dass der Absatz im Gastronomiebereich schlagartig eingebrochen war und die Märkte derzeit eine Katastrophe seien. „So brach der Milchpreis auf 29 bis 30 Cent pro Liter Milch ein. Er hat sich seitdem nicht erholt“, sagt Strüve. Anfang 2021 seien dann auch noch die Preise für die Futtermittel stark gestiegen. „Im Moment heißt es durchhalten“, erklärt der Landwirt deshalb. Von Existenzängsten würde er aber weniger wegen Corona sondern viel mehr wegen der aktuellen politischen Lage sprechen. Strüve beschäftigt sich derzeit unter anderem mit der Düngeverordnung und den Roten Gebieten. „Die Kriterien, die den Karten zu Grunde liegen, kann ich nicht nachvollziehen“, erklärt er. Auch bei der Grundlage für die Verschärfung des Düngerechts ginge es ihm ähnlich.
Das nächste große Thema sei das Insektenschutzgesetz. „Der Rapsanbau geht zurück, weil es immer weniger zugelassene Pflanzenschutzmittel gibt – aus Gründen des Insektenschutzes. Der mühsam ausgehandelte Niedersächsische Weg wurde durch das später beschlossene Bundesgesetz ausgehebelt, was wahrscheinlich zu einer erheblichen Verschlechterung führen wird“, sagt der Landwirt und fügt an, dass zwar im Niedersächsischen Weg ein finanzieller Ausgleich für die Landwirte geregelt war, im Bundesgesetz jedoch nicht.
Glyphosat sei dann auch noch so ein Thema. „Als Ersatz sollen wir mehr mechanischen Pflanzenschutz machen – mehr Diesel verbrauchen. Aber aus der Sicht des Klimaschutzes soll die Bodenbearbeitung reduziert werden.“
Für Strüve sind das alles Aspekte, die für ihn klar machen, dass die Politik immer weniger verlässlich geworden sei. Als ein weiteres Beispiel nennt er seine Biogasanlage, die er zusammen mit einem benachbarten Landwirt betreibt. Bereits 2011, kurz nach dem Bau der Anlage, wurde kurz diskutiert, ob man die Garantie der Strompreise, die eigentlich 20 Jahre garantiert waren, nicht doch abschaffen solle. „Dann wären wir pleite gewesen“, macht der Landwirt klar.
Um es zusammen zu fassen: „Die Stimmung in der Landwirtschaft ist so schlecht wie selten. Corona ist da nur ein weiterer Grund, aber nicht der Hauptgrund“, sagt Hinrich Strüve. Text/Foto: jb/privat