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Was tun, wenn die letzten Sommer keine Ausnahmen waren?

Vertrocknete Wiesen und Felder, Futter- und Wasserknappheit von Weidetieren – mit diesen Problemen mussten sich viele Landwirte im vergangenen Hitzesommer 2018 beschäftigten. Aber auch in diesem Jahr ging es in dieselbe Richtung. In der landwirtschaftlichen Planung stellt sich deshalb die große Frage: Was, wenn die aktuellen Klimabedingungen keine Ausnahmen, keine Ausreißer im Jahrhundertvergleich, sondern zukünftig wohl eher die Regel sein werden?

Hierüber haben wir mit Christoph Bebermeier gesprochen. Der Geschäftsführer der Landberatung Schaumburg berät Landwirte nämlich in genau solchen Fragen.

Doch, macht Bebermeier gleich zu Beginn klar: „Als Landwirt hast du kaum eine wirkliche Möglichkeit, um auf das Wetter zu reagieren.“ Zumindest nicht kurzfristig. Denn: Die betriebswirtschaftliche wie technische Ausrichtung der landwirtschaftlichen Betriebe sei in unserer Region „nicht mal eben so zu verändern“. Als sogenannte „Mähdruschbetriebe“ seien sie schließlich alle auf die Erzeugung von Weizen, Raps, Mais oder Zuckerrüben spezialisiert. „Darauf ist alles ausgerichtet und abgestimmt“, erklärt Bebermeier.

Und dort fängt das große Problem an. Mit den veränderten klimatischen Voraussetzungen würden die altbewährten Ackerfrüchte und ihre Fruchfolgen im Anbau einfach nicht mehr so gedeihen wie bislang. Raps beispielsweise, weiß Geschäftsführer Bebermeier zu berichten, habe sein letztes gutes Jahr im Landkreis bereits fünf Jahre hinter sich. Die Ernteerträge seien seitdem kontinuierlich schlechter geworden. „Der Ertragsrückgang hat aus meiner Sicht hauptsächlich mit dem Wetter zu tun“, bewertet er die Situation. In Schleswig-Holstein, wo die Pflanze traditionell herkam, stehe sie deutlich besser da. Die Konsequenz daraus: Raps verschwinde bei vielen Betrieben zunehmend aus dem Portfolio. Bei denjenigen Landwirten, die weiter auf ihn setzen würden, steige das Risiko von Ernteausfällen und dementsprechend Minusgeschäften. Bioraps komme aus diesen Gründen in Deutschland so gut wie gar nicht vor.

Neben dem Verlust des erfrischenden Gelbs in der Landschaft, das uns allen als Vorboten des Sommers Freude macht (Allergiker ausgenommen), ist dies durchaus auch für die Insektenwelt ein herber Verlust. Ihnen wird mehr und mehr ein Nahrungsangebot in unserer Kulturlandschaft fehlen.

Aus Sicht des Experten gebe es aber auch Alternativen, auf die man als Landwirt zurückgreifen könne: Mais und Zuckerrüben etwa. Beide Früchte stammen ursprünglich aus Südamerika und kommen mit heißen Temperaturen gut zurecht. Bebermeier ergänzt allerdings mit der Fußnote: beide benötigen gleichwohl ausreichend Wasser. Und um dieses war es auch in diesem Jahr alles andere als gut bestellt. Das Schaumburger Land mit seinen überwiegend „schweren Böden“, die mehr und länger Wasser speichern könnten als anderswo, habe aber noch Glück. Das Auetal allerdings sei eine Ausnahme, verrät Bebermeier, „weil die Böden dort nicht sehr wasserspeichernd sind“. Der Anbau von Mais oder Leguminosen wie Erbsen oder Bohnen sei also nicht besonders lukrativ.

Wichtig sei nämlich immer eines, und das gibt der Landberatungs-Geschäftsführer seinen Mitgliedern in der Beratung auch immer mit auf den Weg: Sorte und Kultur, die angebaut werden, müssten verlässliche Erträge liefern. Nach zwei Durstjahren in Folge komme man selbst als gut aufgestellter Betrieb sonst schnell an seine Liquiditätsgrenzen.

Eine andere Möglichkeit, sich den zukünftigen Wetterverhältnissen anzupassen, verspricht die Technik. „Wenn das Wasser weniger wird, bearbeiten wir die Böden maschinell auch anders“, erklärt Bebermeier. Aber das könne nur ein kleines Puzzlestück sein, um zukünftig wasserschonender zu arbeiten.

Gegen eine Sorge, die die Landwirte umtreibe, dürfte allerdings auch das nicht helfen. Denn nicht nur ergeben sich durch ein wärmeres Klima neue Möglichkeiten an Ackerkulturen, unseren Breiten droht auf der anderen Seite auch ein völlig unbekannter Befallsdruck durch neue Arten von Pilzen und Schädlingen. Betroffen hiervon, erklärt Experte Bebermeier, sei inzwischen auch der Mais, der – im Gegensatz zum Raps beispielsweise – kaum mit Krankheiten oder Schädlingen zu kämpfen hätte. Gerade das zeichne auch die Attraktivität des Maises im landwirtschaftlichen Anbau aus. Von Süddeutschland nach Norden wandernd habe man es im Mais seit wenigen Jahren aber auch hier mit dem Maiszünsler zu tun. Ein unscheinbarer grau-brauner Schmetterling, der bis zu 50 Prozent des Ertrages vernichten könne. Nicht anders sehe es bei anderen Früchten aus. „Umso wärmer es wird, desto mehr Schädlingen werden auch wir haben“, schätzt Bebermeier die Situation ein. Wohin die Reise geht, könnten deshalb wohl erst die nächsten Jahre zeigen. Text/Foto: wi